Beachte diese 5 Regeln auf einem gemeinsamen Fuß- und Radweg
Gemeinsame Fuß- und Radwege: Viele Radfahrer benutzen sie. Andere sehen die blauen runden Verkehrszeichen mit den Sinnbildern für Fußgänger und Radfahrer und fahren auf der Fahrbahn weiter. Bestimmt hast du dich schon einmal gefragt, welche Verkehrsregeln von einem Verkehrszeichen “Gemeinsamer Fuß- und Radweg” (Zeichen 240) ausgehen.
Gemeinsame Fuß- und Radwege (Zeichen 240) müssen benutzt werden. Auf parallel zur Fahrbahn verlaufenden gemeinsamen Fuß- und Radwegen haben Radfahrer beim Überqueren einer Einmündung Vorrang vor Rechtsabbiegern, Linksabbiegern und Vorfahrt vor ausfahrenden Fahrzeugen. Radfahrer müssen auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen möglichst weit rechts fahren, ihre Geschwindigkeit anpassen und auf Fußgänger Rücksicht nehmen.
In diesem Beitrag erhältst du Antworten auf folgende Fragen:
- Muss man als Radfahrer gemeinsame Fuß- und Radwege immer benutzen, oder gibt es Ausnahmen?
- In welche Fahrtrichtung dürfen gemeinsame Fuß- und Radwege befahren werden?
- Gibt es eine zulässige Höchstgeschwindigkeit auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen?
Lass uns gleich loslegen!
Benutzungspflicht von gemeinsamen Fuß- und Radwegen
Ein Weg, der mit Zeichen 240 beschildert ist, darf von Fußgängern benutzt werden.
Für Radfahrern besteht sogar eine Pflicht diesen zu benutzen (Anlage 2 Abschnitt 5 Sonderwege laufende Nummer 19 Spalte 3 StVO).
Wie kommt es aber, dass Radfahrer gemeinsame Fuß- und Radwege benutzen müssen?
Fahrräder sind Fahrzeuge (Gesetz zu den Übereinkommen vom 08.11.1968 über den Straßenverkehr, BGBl 1977 Seite 809; § 63a Absatz 1 StVZO; BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 – 3 C 42.09).
Fahrzeuge müssen zunächst die Fahrbahnen benutzen (§ 2 Absatz 1 StVO).
Gemeinsame Fuß- und Radweg sind Sonderwege für Fußgänger und Radfahrer. Für dich als Radfahrer ist dann nicht mehr die Fahrbahn relevant. Du musst den Sonderweg anstatt der Fahrbahn benutzen. Man spricht von einer Benutzungspflicht.
Die Benutzungspflicht gilt für alle Arten von Fahrrädern. Damit sind auch Liegeräder gemeint (BVerwG, Urteil vom 31.05.2001 – 3 B 183.00, NZV 2001, 493; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.07.2000 – 1 S 1862/99, VerkMitt. 2001, 13).
Selbst mit deinem Rennrad ist dir die Benutzung der Fahrbahn verboten, wenn parallel dazu ein gemeinsamer Fuß- und Radweg verläuft.
Nur mehrspurige Fahrräder müssen gemeinsame Fuß- und Radwege nicht benutzen, wenn die Benutzung unzumutbar ist. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Breite des gemeinsamen Fuß- und Radweges zu gering ist. Unter mehrspurige Fahrräder fallen Lastenfahrräder und Fahrräder mit Anhänger (VwV-StVO zu § 2 Absatz 4 Satz 2).
Mehr über die Breite eines gemeinsamen Fuß- und Radweges erfährst du in meinem Artikel zur Mindestbreite gemeinsamer Fuß- und Radwege.
Ausnahmen von der Benutzungspflicht
Was ist aber, wenn der gemeinsame Fuß- und Radweg in einem schlechten Zustand ist und er dadurch gar nicht, oder nur schwer, zu benutzen ist? Gilt die Benutzungspflicht dann immer noch?
Zur Radwegebenutzungspflicht bei gemeinsamen Fuß- und Radwegen in schlechtem Zustand gibt es bereits einige Urteile:
Bei tiefem Schnee oder Eis auf dem gemeinsamen Fuß- und Radweg darfst du als Radfahrer auch auf dem Seitenstreifen oder der (geräumten) Fahrbahn fahren (BGH, Urteil vom 09.10.2003 – III ZR 8/03; OLG Celle, Urteil vom 22.11.2000 – 9 U 104/00; BGH, Urteil vom 20.10.1994 – III ZR 60/94; OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.04.1992 – 5 Ss (OWi) 69/92, NZV 1992, 290).
Gemeinsame Fuß- und Radwege mit Löchern müssen nach Ansicht des OLG Köln auch nicht benutzt werden (OLG Köln, Urteil vom 14.01.1994 – 19 U 208/93).
Beachte aber hier: Das ist lediglich die Meinung des OLG Köln. Wie tief ein Loch auf einem gemeinsamen Fuß- und Radweg sein muss, damit er nicht mehr benutzt werden muss, ist ebenfalls nicht abschließend geklärt.
Wenn du auf einem gemeinsamen Fuß- und Radwege auf Schnee oder Eis stößt, ist es dir aber genauso zumutbar, dass du absteigst und zu Fuß weitergehst (BGH, Urteil vom 09.10.2003 – III ZR 8/03; BGH, Urteil vom 20.10.1994 – III ZR 60/94).
Kleine Besonderheit für Fahrzeugführer anderer Fahrräder: Wenn die Benutzung des gemeinsamen Geh- und Radweges unzumutbar ist, sollen Verkehrsteilnehmer mit anderen Fahrräder nicht gerügt werden, wenn diese den gemeinsamen Fuß- und Radweg nicht benutzen (VwV-StVO zu § 2 Absatz 4 Satz 2).
Andere Fahrräder sind beispielsweise (BGBl 1977 Seite 809)
- mehrspurige Lastenfahrräder
- und Fahrräder mit Anhänger.
Fahrtrichtung gemeinsamer Fuß- und Radwege
In welche Fahrtrichtung du gemeinsame Fuß- und Radwege benutzen darfst, hängt davon ab, auf welcher Seite Zeichen 240 aufgestellt ist. Ein gemeinsamer Fuß- und Radweg kann sich zum einen auf der rechten Seite befinden.
Ist Zeichen 240 auf der rechten Seite aufgestellt, musst du den gemeinsamen Fuß- und Radweg in Fahrtrichtung rechts benutzen.
Andererseits können gemeinsame Fuß- und Radwege auch in Gegenrichtung befahren werden, wenn Zeichen 240 auf der linken Seite aufgestellt ist.
Hier musst du den gemeinsamen Fuß- und Radweg in Fahrtrichtung links benutzen.
In der Regel wirst du aber Zeichen 240 auf der rechten Seite finden.
Ist der linke Weg nicht als gemeinsamer Fuß- und Radweg gekennzeichnet, würde ich dir wärmstens empfehlen, diesen auch nicht in Gegenrichtung zu befahren. Egal ob der Weg nun ein gemeinsamer Fuß- und Radweg ist, oder nicht: Gefährlich ist es auf jeden Fall Wege in Fahrtrichtung links zu befahren.
In der Tat ist es so, dass sich wesentlich mehr Unfälle mit Fahrradfahrern ereignen, die linke gemeinsame Fuß- und Radwege benutzen, als mit Radfahrern, die gemeinsame Fuß- und Radwege in Fahrtrichtung rechts befahren.
Damit du jetzt aber nicht denkst, dass ich mir das alles nur ausgedacht habe, habe ich mich auf die Suche nach belastbaren Unfallstatistiken gemacht.
Hier kommt das Ergebnis meiner Recherche:
Unten siehst du eine Unfallanalyse der Bundesanstalt für Straßenwesen für Radwege. Es wurden 150 Unfälle aus Hannover, Nienburg, Marl, Verden, Kiel und Paderborn im Zeitraum von 2009 bis 2012 ausgewertet. Dabei wurden Unfälle mit Radfahrern, welche gemeinsame Fuß- und Radwegen in Gegenrichtung befuhren, mit den Unfällen von Radfahrern auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen in Fahrtrichtung rechts verglichen.
Fast zwei Drittel aller Unfälle mit Radfahrern gehen auf das Konto von Radfahrern, die Radwege in Gegenrichtung befuhren.
Alarmierende Zahlen, die nur einen Schluss zulassen: Gemeinsame Fuß- und Radwege in Fahrtrichtung links zu befahren ist gefährlich.
Gemeinsame Fuß- und Radwege: Vorrang und Vorfahrt
In den folgenden Kapiteln wird zwischen Vorrang und Vorfahrt unterschieden.
Gemeinsame Fuß- und Radwege zu Abbiegern
Wenn du mit deinem Fahrrad oder deinem Fahrrad mit Hilfsmotor auf einem rechten gemeinsamen Fuß- und Radweg geradeaus über eine Einmündung fährst, hast du gegenüber rechts abbiegenden Fahrzeugen Vorrang (§ 9 Absatz 3 StVO).
Fahrzeuge, die links in die Einmündung abbiegen möchten, müssen dir ebenfalls Vorrang gewähren (§ 9 Absatz 3 StVO).
Du hast auch Vorfahrt gegenüber einbiegenden Fahrzeugen, wenn du auf einem in Gegenrichtung freigegebenen gemeinsamen Fuß- und Radweg die Einmündung überquerst (§ 9 Absatz 3 StVO).
Dir ist bestimmt schon aufgefallen, dass auf keinem der Bilder Radwegefurten eingezeichnet sind. Das liegt daran, dass der Vorrang für Radfahrer auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen beim Überqueren von Einmündungen auch ohne Radwegefurt gilt.
Gemeinsame Fuß- und Radwege können neben der Fahrbahn verlaufen. Abbiegende Fahrzeuge müssen auch Fahrradfahrer neben der Fahrbahn durchfahren lassen (§ 9 Absatz 3 StVO).
Das OLG Frankfurt am Main meint, dass parallel verlaufende gemeinsame Geh- und Radwege, auch wenn sie äußerlich von der Fahrbahn getrennt sind, hinsichtlich der Vorfahrt zur durchgehenden Fahrbahn gehören können (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 23.01.2004 – 24 U 118/03).
Natürlich muss ein räumlicher Zusammenhang zwischen der Fahrbahn und dem parallel verlaufenden gemeinsamen Fuß- und Radweg noch erkennbar sein. Ist der gemeinsame Fuß- und Radweg zu weit abgesetzt, ist davon auszugehen, dass er nicht mehr zur vorfahrtsberechtigten Fahrbahn gehört.
Wann sind gemeinsame Fuß- und Radwege aber zu weit abgesetzt, sodass man sie nicht mehr zur Fahrbahn zählen kann? Die StVO bietet hierzu keine Antwort.
Ein Urteil des OLG Hamm besagt, dass gemeinsame Fuß- und Radwege zu weit abgesetzt sind, wenn sie vor der Einmündung verschwenken, also nicht mehr parallel zur Fahrbahn verlaufen (OLG Hamm, Urteil vom 08.06.2000 – 27 U 29/00).
Darüber hinaus findet man einen Hinweis in der VwV-StVO zur Markierung von Radwegefurten. Radwegefurten dürfen nicht markiert werden, wenn sie mehr als 5 m von der Fahrbahn abgesetzt sind (VwV-StVO zu § 9 Absatz 2).
Merke jedoch hier: Die VwV-StVO ist nur für die Verwaltung bindend. Aus ihr lassen sich keine Verkehrsregeln für einen gemeinsamen Fuß- und Radweg ableiten.
In der Praxis wirst du entweder auf Einmündungen treffen, bei denen der Vorrang der Radfahrer auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen durch eine Radwegefurt verdeutlicht ist, …
… oder du stößt als Radfahrer auf ein verkleinertes Zeichen 205 (Vorfahrt gewähren). An solchen Stellen wird dir eine Wartepflicht auferlegt.
Gemeinsame Fuß- und Radwege zu ausfahrenden Fahrzeugen
Wenn gemeinsame Fuß- und Radwege parallel zur Fahrbahn verlaufen, haben Radfahrer auch ohne Radwegefurt Vorfahrt gegenüber aus der Einmündung ausfahrenden Fahrzeugen, wenn für ausfahrenden Fahrzeuge ein Zeichen 205 aufgestellt ist.
Das ergibt sich daraus, dass gemeinsame Fuß- und Radwege, die parallel zur Fahrbahn verlaufen, hinsichtlich der Vorfahrt der durchgehenden Fahrbahn zugeordnet werden. Dies hat auch das OLG Frankfurt am Main so bestätigt (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 23.01.2004 – 24 U 118/03).
Wie sieht es aber aus, wenn ein Radfahrer regelwidrig in Gegenrichtung einen gemeinsamen Fuß- und Radweg benutzt. Hat er dann immer noch Vorfahrt?
Zum einen gibt es die Rechtsauffassung, dass man als Radfahrer bei regelwidriger Befahrung eines gemeinsamen Fuß- und Radweg in Gegenrichtung keine Vorfahrt gegenüber den Autos hat, die aus der Einmündung kommen (OLG München, Urteil vom 05.08.2016 – 10 U 4616/15).
Dann gibt es aber auch noch Gerichte, die einem Radfahrer auch dann Vorfahrt gegenüber Autofahrern aus einer Einmündung einräumen, wenn er regelwidrig einen gemeinsamen Fuß- und Radweg in Gegenrichtung befährt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.04.2000 – 1 U 206/99, NZV 2000, 506; BGH, Urteil vom 15.07.1986 – 4 StR 192/86).
Eindeutig ist es natürlich, wenn die Zugehörigkeit des gemeinsamen Fuß- und Radweges zur durchgehenden Fahrbahn sowie die Bevorrechtigung des Radfahrers mit Zusatzzeichen 1000-32 (Radfahrer kreuzen von rechts und links) und einer Radwegefurt gekennzeichnet ist.
Gemeinsame Fuß- und Radwege an Ampeln
Näherst du dich auf einem gemeinsamen Fuß- und Radweg einer Ampel, musst du als Radfahrer zunächst die Lichtzeichen für Autos beachten (§ 37 Absatz 2 Nummer 6 StVO).
Wenn jedoch eine besondere Ampel für Radfahrer an der Kreuzung eingerichtet ist, musst du dich nach diesen richten (§ 37 Absatz 2 Nummer 6 StVO).
Das kann zum einen eine Ampel sein, die nur für Radfahrer gilt.
Zum anderen können Ampeln gleichzeitig ein Piktogramm für Fußgänger und Radfahrer beinhalten.
Einmündende gemeinsame Fuß- und Radwege
Wenn gemeinsame Fuß- und Radwege außerhalb von Kreuzungen in eine andere Straße einmünden, ist die Frage, wer jetzt eigentlich Vorfahrt hat.
Bei Einmündungen mit Zeichen 205 (Vorfahrt gewähren), bist du als Radfahrer wartepflichtig (§ 8 Absatz 1 Nummer 1 StVO).
Fährst du im Verlauf eines gemeinsamen Fuß- und Radweges über einen abgesenkten Bordstein, so bist du als Radfahrer ebenfalls wartepflichtig (§ 10 StVO).
Gleiches gilt, wenn der gemeinsame Fuß- und Radweg an einem Gehweg endet. Man spricht dann vom Überqueren eines anderen Straßenteils. Endet der gemeinsame Fuß- und Radweg an einem Gehweg, bevor er in die Straße einmündet, musst du warten (§ 10 StVO).
Wer hat aber Vorfahrt, wenn keine Gehwege, Verkehrszeichen oder abgesenkte Bordsteine vorhanden sind?
Einmündende gemeinsame Fuß- und Radwege stellen im Vergleich zu durchgehenden Straßen andere Straßenteile dar.
Bei einmündenden gemeinsamen Fuß- und Radwegen gilt demnach:
Wer […] von anderen Straßenteilen […] auf die Fahrbahn einfahren […] will, hat sich dabei so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.
§ 10 StVO
Tatsächlich reicht es aber nicht aus die oben genannte Regelung zu kennen und gemeinsame Fuß- und Radwege unter andere Straßenteile einzuordnen.
Vielmehr sind die besonderen örtlichen Umstände entscheidend.
Man muss den Ausbauzustand des gemeinsamen Fuß- und Radweges mit der durchgehenden Fahrbahn vergleichen.
Letztendlich geht es darum, ob der gemeinsame Fuß- und Radweg als anderer Straßenteil nach § 10 StVO erkannt werden kann, oder nicht.
Zur Klarstellung wird das Ende eines gemeinsamen Fuß- und Radweges mancherorts an der Einmündung zusätzlich mit einem Schmalstrich verdeutlicht.
Fehlt der Schmalstrich, lässt sich der gemeinsame Fuß- und Radweg unter Umständen nicht von der durchgehenden Straße unterscheiden.
Stell dir dabei auch die Frage: Woher sollen Verkehrsteilnehmer auf der durchgehenden Fahrbahn ohne besondere bauliche Merkmale oder eine Markierung wissen, dass es sich bei der von rechts einmündenden Straße um einen gemeinsamen Fuß- und Radweg handelt?
Autofahrer auf der durchgehenden Fahrbahn sehen das Zeichen 240 und die Kombination aus Zeichen 240 und “Ende” ja nicht.
Ohne Verkehrszeichen, andere bauliche Merkmale oder eine Markierung hat Vorfahrt, wer von rechts kommt (§ 8 Absatz 1 StVO).
Es gilt “rechts vor links”. So auch das OLG Karlsruhe: Die Ausbauzustände des gemeinsamen Fuß- und Radweges und der durchgehenden Fahrbahn waren in der Rechtsstreitigkeit des OLG Karlsruhe nicht zu unterscheiden (OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.05.2012 – 1 U 193/11).
Gemeinsame Fuß- und Radwege: Radfahrer zu Fußgängern
Fußgänger und Radfahrer teilen sich einen Weg. Die StVO enthält jedoch keine besonderen Regeln, wie sich Radfahrer zu Fußgängern auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen genau verhalten sollen (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Auflage 2011, Rn. 248c zu § 41 StVO).
Wo die StVO nicht weiterhilft, hat jedoch die Rechtsprechung schon ein wenig Licht ins Dunkel gebracht.
Demnach müssen Fußgänger und Radfahrer auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen aufeinander Rücksicht nehmen. Radfahrern haben gegenüber Fußgänger sogar eine höhere Sorgfaltspflicht (OLG Celle, Beschluss vom 19.08.2019 – 14 U 141/19; OLG München, Urteil vom 04.10.2013 – 10 U 2020/13; OLG München, Urteil vom 23.10.2009 – 10 U 2809/09; LG Hannover, 15.03.2006 – 11 S 84/05; OLG Nürnberg, Urteil vom 07.04.2004 – 4 U 644/04; OLG Oldenburg, Beschluss vom 09.03.2004 – 8 U 19/04; BGH, Urteil vom 24.01.2002 – III ZR 103/01)
Aufgrund der Fülle an Urteilen, kann man mittlerweile sagen, dass die höhere Sorgfaltspflicht von Radfahrern gegenüber Fußgängern ständige Rechtsprechung ist. Des Weiteren ist dies auch in der RASt so beschrieben (Kapitel 6.1.6.4 RASt).
Einige Gerichte raten zudem dazu zur Verständigung Blickkontakt aufzunehmen (OLG Celle, Beschluss vom 19.08.2019 – 14 U 141/19; OLG München, Urteil vom 04.10.2013 – 10 U 2020/13; OLG Oldenburg, Beschluss vom 09.03.2004 – 8 U 19/04).
Auf Kinder, hilfsbedürftige und ältere Menschen ist besonders zu achten (§ 3 Absatz 2a StVO).
Ich weiß, das wirkt jetzt alles sehr theoretisch. Das gewährleistet aber schon mal, dass man als Radfahrer auf einen gemeinsamen Fuß- und Radweg nicht alles umfahren kann, was sich bewegt.
Des Weiteren gilt laut dem OLG Frankfurt am Main: Radfahrer auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen müssen damit rechnen, dass aus Eingängen Fußgänger auf den gemeinsamen Fuß- und Radweg treten oder aus Ausfahrten Autos auf den gemeinsamen Fuß- und Radweg fahren (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 09.10.2012 – 22 U 10/11).
Wenn du als Radfahrer also an einem Hauseingang vorbeifährst, solltest du deine Geschwindigkeit soweit verringern, dass du rechtzeitig anhalten kannst.
Rechtsfahrgebot auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen
Während meiner Recherche zu Zeichen 240 bin ich auch auf einige Beiträge in Foren gestoßen. Es wurde darüber diskutiert, ob auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen das Rechtsfahrgebot gilt.
Einige waren der Meinung, dass auch auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen für Radfahrer das Rechtsfahrgebot gilt. Andere wehrten sich vehement gegen die Vorstellung, dass man auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen das Rechtsfahrgebot beachten muss.
Ehrlich gesagt: Ich hatte mir bis zu dem Zeitpunkt noch überhaupt gar keine Gedanken darüber gemacht, ob man auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen als Radfahrer permanent rechts fahren muss.
Zur Beantwortung der Frage, ob auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen das Rechtsfahrgebot gilt, habe ich dann ein kleines Brainstorming gemacht. Herausgekommen sind drei Fragen:
- Was ist das Rechtsfahrgebot?
- Für wen gilt das Rechtsfahrgebot?
- Gilt das Rechtsfahrgebot auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen?
Was ist das Rechtsfahrgebot?
Das Rechtsfahrgebot besagt, dass du möglichst weit rechts fahren musst. Natürlich gilt das Rechtsfahrgebot in Kurven, bei Gegenverkehr, beim Überholtwerden, an Kuppen oder bei Unübersichtlichkeit.
Jedoch gilt das Rechtsfahrgebot “nicht nur bei” Gegenverkehr. Das bedeutet, dass du immer möglichst weit rechts fahren musst (§ 2 Absatz 2 StVO).
Für wen gilt das Rechtsfahrgebot?
Das Rechtsfahrgebot gilt für Fahrzeuge. Fahrräder sind Fahrzeuge (BVerwG, Urteil vom 18.11.2010 – 3 C 42.09). Wenn du mit deinem Fahrrad unterwegs bist, musst du also immer möglichst weit rechts fahren.
Nachdem wir jetzt festgestellt haben, was das Rechtsfahrgebot ist, und für wen es gilt, ist der nächste Schritt herauszufinden, ob das Rechtsfahrgebot auch für Radfahrer auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen gilt.
Gilt das Rechtsfahrgebot auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen?
Kurz und knapp: Das Rechtsfahrgebot gilt auch auf Sonderwegen (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Auflage 2017, Rn. 33 zu § 2 StVO). Gemeinsame Fuß- und Radwege sind Sonderwege.
Hindernisse dürfen vorsichtig links umfahren werden. Das Umfahren von Hindernissen fällt dann aber unter das Vorbeifahren (§ 6 StVO). Folgende Hindernisse dürfen zum Beispiel links umfahren werden:
- Schlaglöcher
- Reifglätte (KG, Urteil vom 22.03.1999 – 22 U 1118/98, MdR 1999, 864)
- Kanaldeckel (KG, Urteil vom 22.03.1999 – 22 U 1118/98, MdR 1999, 864)
- Glatteis (OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 29.11.1956 – 2 U 115/55, VerkMitt. 1957, 17)
Die oben genannten Urteile wurden aber von Oberlandesgerichten getroffen. Zu den aufgezählten Hindernissen gibt es derzeit keine höchstrichterliche Entscheidung eines Bundesgerichts. Landesrechtliche Urteile sind immer mit Vorsicht zu genießen – besonders dann, wenn nicht mehrere Oberlandesgerichte eine gleiche Meinung vertreten.
Das Umfahren der oben genannten Hindernissen ist jedenfalls nicht erlaubt, wenn dadurch andere behindert oder gefährdet werden. An unübersichtlichen Stellen, wie an Kuppen und in Kurven, darf demnach auch nicht ausnahmsweise vom Rechtsfahrgebot abgewichen werden (BGH, Urteil vom 09.07.1996 – VI ZR 299/95).
Geschwindigkeit auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen
Auf eine ebenfalls sehr interessante Frage bin ich gestoßen, als ich nach Antworten zum Verhalten von Radfahrern auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen suchte: Gibt es eine zulässige Höchstgeschwindigkeit für Radfahrer auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen?
Nach ein paar Tagen intensiver Suche muss ich gestehen: Ich habe nichts derartiges gefunden. Darf ich als Radfahrer auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen dann so schnell fahren wie ich will, ohne Rücksicht auf Verluste?
Zunächst einmal gelten die allgemeinen Grundregeln der Straßenverkehrs-Ordnung. Diese sagen zum Beispiel, dass die Teilnahme am Straßenverkehr ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht erfordert (§ 1 Absatz 1 StVO).
Des Weiteren muss sich jeder so verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet, behindert oder belästigt wird (§ 1 Absatz 2 StVO).
Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht werden kann (§ 3 Absatz 1 StVO). Da Fahrräder Fahrzeuge sind, gilt das auch für Fahrräder auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen.
Es darf nur so schnell gefahren werden, dass innerhalb der übersehbaren Strecke gehalten werden kann (§ 3 Absatz 1 StVO). Nach Ansicht des OLG Nürnberg gilt dies auch bei Dunkelheit (OLG Nürnberg, Urteil vom 07.04.2004 – 4 U 644/04).
Es geht aber noch weiter: Unter Umständen müssen Radfahrer tatsächlich ihre Geschwindigkeit dem Fußgänger anpassen (Anlage 2 Abschnitt 5 Sonderwege laufende Nummer 19 Spalte 3 StVO).
Welche Umstände das sind, wird in der StVO nicht konkret gesagt. Es ist aber klar, dass eine Anpassung auf die Geschwindigkeit des Fußgängers, zur Folge hat, dass der Radfahrer auch gezwungen sein kann Schrittgeschwindigkeit zu fahren.
Wenn beispielsweise eine Fußgängergruppe auf einem gemeinsamen Fuß- und Radweg trotz Klingeln eines Radfahrers keinerlei Reaktion zeigt, muss der Radfahrer seine Geschwindigkeit auf Schrittgeschwindigkeit reduzieren (OLG Celle, Beschluss vom 19.08.2019 – 14 U 141/19; OLG München, Urteil vom 04.10.2013 – 10 U 2020/13; OLG Oldenburg, Beschluss vom 09.03.2004 – 8 U 19/04).
Was Schrittgeschwindigkeit bedeutet, habe ich in einer Fallstudie im Artikel Wie schnell ist Schrittgeschwindigkeit? für dich zusammengestellt.
Radfahrer müssen dann bremsbereit sein (BGH, Urteil vom 04.11.2008 – VI ZR 171/07).
Das OLG München vertritt sogar die Auffassung, dass Radfahrer anhalten müssen, wenn Schrittgeschwindigkeit nicht ausreicht (OLG München, Urteil vom 23.10.2009 – 10 U 2809/09).
Bonus: Verstoß gegen Zeichen 240
Nehmen wir einmal an, du hattest einen harten Tag und fährst gerade mit deinem Fahrrad von der Arbeit nach Hause. Du fährst an einem Zeichen 240 vorbei ohne von der Fahrbahn auf den gemeinsamen Fuß- und Radweg zu wechseln.
100 m später winkt dich die Polizei von der Fahrbahn, zeigt auf ein Stück Papier und fragt dich: “Kennen Sie dieses Schild?”
Du antwortest: “Ähm, … ja, warum?”
“Haben Sie das Schild da vorne nicht gesehen? Sie sind da an einem vorbeigefahren und sind nicht auf dem gemeinsamen Fuß- und Radweg weitergefahren. Ich muss Sie jetzt leider verwarnen.”
Wie viel verlangt die Polizei in so einem Fall?
Die folgende Tabelle enthält die Antwort.
Auch mit dem am 09.11.2021 neu in Kraft getretenen Bußgeldkatalog hat sich an den oben genannten Regelsätzen nichts geändert.
Zusammenfassung
In welche Fahrtrichtung du gemeinsame Fuß- und Radwege benutzen musst, hängt davon ab, auf welcher Seite Zeichen 240 aufgestellt ist. Zeichen 240 kann sowohl rechts, als auch links aufgestellt werden.
Bei parallel zur Fahrbahn verlaufenden gemeinsamen Fuß- und Radwegen hast du beim Überqueren von Einmündungen Vorrang vor Rechts- und Linksabbiegern, wenn es sich um einen gemeinsamen Fuß- und Radweg auf der rechten Seite handelt. Ebenso hast du in einem solchen Fall Vorrang gegenüber aus der Einmündung ausfahrenden Verkehrsteilnehmern.
Radfahrer müssen auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen Rücksicht auf Fußgänger nehmen. Das kann so weit gehen, dass du als Radfahrer deine Geschwindigkeit auf Schrittgeschwindigkeit reduzieren, oder anhalten musst.
Die Benutzungspflicht von gemeinsamen Fuß- und Radwegen hat auch ihre Grenzen. Ist der gemeinsame Fuß- und Radweg vor dir mit tiefem Schnee oder Eis bedeckt, kannst du auch auf dem Seitenstreifen oder der Fahrbahn weiterfahren.
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