Warnkleidung im Straßenverkehr: Vorschriften
Warnkleidung im Straßenverkehr ist ein wichtiger Bestandteil für die Sicherheit von Personen, die auf Straßen arbeiten. Die gesetzlichen Vorgaben definieren dabei nicht nur die Farben, sondern auch die reflektierenden Flächen und Materialien, die für eine erhöhte Sichtbarkeit sorgen sollen – bei Tag und besonders in der Nacht.
Für Personen im Bereich von Arbeitsstellen außerhalb von Gehwegen und Absperrungen, die im Verkehr eingesetzt werden, besteht eine Warnkleidungspflicht. Gleichzeitig besteht eine Warnkleidungspflicht, wenn Personen neben dem Verkehrsbereich tätig sind und nicht durch eine geschlossene Absperrung gesichert sind.
In diesem Artikel werfen wir einen genaueren Blick auf die geltenden Regelungen, erläutern die Anforderungen für verschiedene Einsatzgebiete und klären, wie die Auswahl der richtigen Warnkleidungsklasse gelingen kann. Dabei werden folgende Fragen beantwortet:
- Was ist mit “neben dem Verkehrsbereich” gemeint?
- Was ist der Unterschied zwischen einer Absperrung und einer geschlossenen Absperrung?
- Besteht eine Pflicht zum Tragen von Warnkleidung im Zuge von Arbeitsstellen auf Autobahnen?
- Muss auf Arbeitsstellen auf Gehwegen Warnkleidung getragen werden?
- Welche Leistungsklasse ist in Bezug auf Warnkleidung auf Arbeitsstellen mindestens vorzuhalten?
- Welche Farbe darf Warnkleidung auf Arbeitsstellen haben?
- Und viele mehr …
Und los geht’s!
Einsatzorte
Außerhalb von Gehwegen und außerhalb von Absperrungen
Personen auf Arbeitsstellen außerhalb von Gehwegen, die sich außerhalb von Absperrungen befinden und im Verkehr eingesetzt werden, müssen Warnkleidung tragen (Teil A Kapitel 9 Absatz 1 RSA 21).
Außerhalb von Gehwegen
Welche Straßenteile befinden sich außerhalb von Gehwegen?
Hierzu muss man zunächst einmal definieren, was zur Straße gehört. Die Straßengesetze der Länder definieren, was zur Straße gehört.
Mit der Frage, was eine Straße ist und was zu einer Straße gehört, habe ich mich bereits im Artikel Das gehört zur Straße: Fallstudie mit verblüffendem Ergebnis auf dieser Website befasst.
Aus dem oben genannten Artikel lässt sich schließen, dass bundeseinheitlich beispielsweise Trennstreifen, Seitenstreifen und sonstige Anlagen aller Art der Straße zuzurechnen sind.
In Baden-Württemberg zählen zum Beispiel auch die Fahrbahnen zur Straße.
Zu Straßenteilen außerhalb von Gehwegen können demnach in Baden-Württemberg Fahrbahnen, Trennstreifen, Seitenstreifen und sonstige Anlagen aller Art gezählt werden.
Außerhalb von Absperrungen
Die Richtlinien für die verkehrsrechtliche Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA) definieren in Bezug auf die Warnkleidungspflicht von Personen außerhalb von Gehwegen zunächst nicht, was unter Absperrungen zu verstehen ist.
Meiner Meinung sind mit Absperrungen Absperrgeräte gemeint.
Unter Absperrgeräte fallen Absperrschranken, Absperrschrankengitter, Leitbaken, Leitkegel, Warnbaken, Leitschwellen und Leitborde sowie fahrbare Absperrtafeln (Teil A Kapitel 3.4.1 RSA 21).
Verkehrseinrichtungen verbieten das Befahren der so gekennzeichneten Straßenfläche und leiten den Verkehr an dieser Fläche vorbei (Anlage 4 laufende Nummer zu 1-7 StVO).
Zu Verkehrseinrichtungen zählen Absperrschranken, Leitbaken, Leitschwellen, Leitborde, Leitkegel, fahrbare Absperrtafeln und fahrbare Absperrtafeln mit Blinkpfeil (Anlage 4 laufende Nummern 1-7 StVO).
Die Definition der Absperrgeräte aus der RSA deckt sich mit der Aufzählung in der StVO.
Zwischenfazit
Personen, die sich im Zuge von Arbeitsstellen
- außerhalb von Gehwegen,
- außerhalb von Absperrschranken, Absperrschrankengittern, Leitbaken, Leitkegeln, Warnbaken, Leitschwellen, Leitborden oder fahrbaren Absperrtafeln befinden und
- im Verkehr eingesetzt werden
müssen Warnkleidung tragen.
Daraus lässt sich schließen, dass jede Person, die auf Arbeitsstellen tätig ist und – auch nur kurzzeitig – außerhalb von Gehwegen und außerhalb von Absperrungen im Verkehr eingesetzt wird, Warnkleidung tragen muss.
Bedeutet das dann, dass Personen, die beispielsweise auf Autobahnen innerhalb von Absperrungen eingesetzt werden, keine Warnkleidung tragen müssen?
Eine interessante Frage … immerhin sind auf Autobahnen keine Gehwege vorhanden. Zudem befinden sich die Personen, die auf der Arbeitsstelle tätig sind, innerhalb eines Bereichs, der beispielsweise mit Leitbaken, Leitkegeln, Warnbaken, Leitschwellen, Leitborden oder fahrbaren Absperrtafeln abgesperrt ist. Diese Personen werden auch nicht im Verkehr eingesetzt.
Es wird schnell klar, dass im oben beschriebenen Fall eine Regelung alleine nicht ausreicht, um die Warnkleidungspflicht abschließend einzugrenzen.
Schauen wir uns gemeinsam im nächsten Kapitel die zweite Regelung hinsichtlich der Warnkleidungspflicht genauer an.
Neben dem Verkehrsbereich und ohne geschlossene Absperrung
Arbeiten Personen auf Arbeitsstellen neben dem Verkehrsbereich und sind nicht durch eine geschlossene Absperrung vom Verkehrsbereich getrennt, müssen diese Personen Warnkleidung tragen (Teil A Kapitel 9 Absatz 1 RSA 21).
Neben dem Verkehrsbereich
Was ist unter “neben dem Verkehrsbereich” zu verstehen?
Der Verkehrsbereich endet auf der Arbeitsstellenseite an der zum Verkehr gewandten Kante einer Verkehrseinrichtung oder einer temporären Schutzeinrichtung (Teil A Kapitel 1.1 Absatz 10 RSA 21).
Beim Einsatz von Verkehrseinrichtungen stellt sich der Verkehrsbereich in der Praxis dann schematisch folgendermaßen dar (Teil A Kapitel 1.1 Bild A-1 RSA 21):
Die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) zählt Absperrschranken, Leitbaken, Leitschwellen, Leitborde, Leitkegel, fahrbare Absperrtafeln und fahrbare Absperrtafeln mit Blinkpfeil zu Verkehrseinrichtungen (Anlage 4 laufende Nummern 1-7 StVO).
Unten ist schematisch der zur Verfügung stehende Verkehrsbereich beim Einsatz von transportablen Schutzeinrichtungen dargestellt (Teil A Kapitel 1.1 Bild A-1 RSA 21).
Personen auf Arbeitsstellen innerhalb von Absperrungen befinden sich demnach neben dem Verkehrsbereich.
Ohne geschlossene Absperrung
Unter geschlossene Absperrungen fallen nach den Richtlinien für die verkehrsrechtliche Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA) Bereiche, die vom Verkehrsbereich durch Absperrschranken, Absperrschrankengitter oder Bauzäune getrennt sind (Teil A Kapitel 9 Absatz 1 RSA 21).
Zwischenfazit
Personen, die sich auf Arbeitsstellen neben dem Verkehrsbereich befinden und nicht durch Absperrschranken, Absperrschrankengitter oder Bauzäune vom Verkehrsbereich getrennt sind, müssen Warnkleidung tragen.
Beispiele
Autobahn
Auf Autobahnbaustellen eingesetzte Personen befinden sich zwar außerhalb von Gehwegen, werden jedoch nicht durch Absperrschranken, Absperrschrankengitter oder Bauzäune vom Verkehrsbereich getrennt.
Personen auf Arbeitsstellen im Zuge von Autobahnen werden neben dem Verkehrsbereich ohne geschlossene Absperrung eingesetzt.
Eine Arbeitsstelle, die durch Leitbaken, Leitschwellen, Leitborde, Leitkegel, fahrbare Absperrtafeln oder fahrbare Absperrtafeln mit Blinkpfeil abgesichert wird, befindet sich nicht innerhalb einer geschlossenen Absperrung.
Folglich müssen auch Personen, die auf Autobahnen innerhalb von Absperrungen eingesetzt werden, Warnkleidung tragen.
Gehweg
Und was ist mit Personen innerhalb geschlossener Ortschaften auf Gehwegen innerhalb von Absperrungen? Müssen diese keine Warnkleidung tragen?
Auf innerörtlichen Straßen sind geschlossene Absperrungen anzustreben, um den unbefugten Zugang zur Arbeitsstelle zu verhindern (Teil B Kapitel 2.2.5 Absatz 3 RSA 21).
Gehwege werden üblicherweise durch Absperrschrankengitter oder durch Bauzäune mit Absperrschranken vom Verkehrsbereich getrennt.
Personen, die innerorts auf Arbeitsstellen im Bereich von Gehwegen eingesetzt werden, befinden sich
- nicht außerhalb von Gehwegen,
- nicht außerhalb von Absperrungen und
- neben dem Verkehrsbereich.
Sie werden allerdings in einem Bereich mit geschlossener Absperrung eingesetzt.
Das bedeutet, dass Personen auf Arbeitsstellen innerhalb geschlossener Ortschaften im Bereich von Gehwegen innerhalb geschlossener Absperrungen keine Warnkleidung tragen müssen.
Dabei ist jedoch zu beachten, dass diese Personen Warnkleidung tragen müssen, sobald sie sich im Zuge der innerörtlichen Arbeitsstelle auf dem Gehweg außerhalb der geschlossenen Absperrung befinden.
Halbseitige Sperrung
Wie verhält es sich bei halbseitigen Sperrungen, wenn neben dem Verkehrsbereich innerhalb einer geschlossenen Absperrung auf der Fahrbahn gearbeitet wird?
In diesem Fall werden die Personen im Zuge der innerörtlichen Arbeitsstelle auf der Fahrbahn
- außerhalb von Gehwegen,
- innerhalb von Absperrungen,
- neben dem Verkehrsbereich sowie
- innerhalb einer geschlossenen Absperrung
eingesetzt.
Dadurch, dass die Personen innerhalb einer geschlossenen Absperrung eingesetzt werden, müssen diese keine Warnkleidung tragen.
Sobald sich diese Personen jedoch im Zuge der halbseitigen Sperrungen außerhalb der geschlossenen Absperrung aufhalten, müssen diese hingegen Warnkleidung tragen.
Im Gegensatz dazu müssen Personen bei halbseitigen Sperrungen, wenn neben dem Verkehrsbereich außerhalb einer geschlossenen Absperrung auf der Fahrbahn Warnkleidung tragen.
Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der Arbeitsbereich nicht durch eine geschlossene Absperrung, sondern durch Leitbaken, Leitschwellen, Leitborde, Leitkegel, fahrbare Absperrtafeln oder fahrbare Absperrtafeln mit Blinkpfeil abgesichert wird.
Bei Arbeitsbereichen im Zuge von halbseitigen Sperrungen auf der Fahrbahn, die durch Leitbaken, Leitschwellen, Leitborde, Leitkegel, fahrbare Absperrtafeln oder fahrbare Absperrtafeln mit Blinkpfeil abgesichert werden, müssen die eingesetzten Personen Warnkleidung tragen.
Ausführung
Bei der Ausführung von Warnkleidung müssen folgende Aspekte beachtet werden:
- Warnkleidungsklasse
- Farbe
- Mindestrückstrahlwerte
- Warnwirkung
Warnkleidungsklasse
Auswahl der Leistungsklasse
Die Warnkleidung muss auf Arbeitsstellen mindestens der Klasse 2 entsprechen (VwV-StVO zu § 35 Absatz 6; Teil A Kapitel 9 Absatz 1 RSA 21).
Für Arbeiten bei Dunkelheit muss auf Arbeitsstellen mindestens Warnkleidung der Klasse 3 getragen werden, wobei die zusätzlich verfügbare Fläche an Reflexstoffen die menschliche Gestalt (Kontur) betonen soll (VwV-StVO zu § 35 Absatz 6; Teil A Kapitel 9 Absatz 1 RSA 21).
Für kurzzeitig in Nachtbaustellen tätiges Personal (Kontrolltätigkeit) ist ein Warnmantel oder ein vergleichbares Kleidungsstück mit zusätzlichen vertikalen Reflexstreifen ausreichend (VwV-StVO zu § 35 Absatz 6; Teil A Kapitel 9 Absatz 1 RSA 21).
Darüber hinaus gilt, dass Anwender die erforderliche Leistungsklasse anhand einer Risikobewertung des Ortes bzw. der Situation auswählen sollten (Einleitung DIN EN ISO 20471).
Gestaltung der Leistungsklasse
Welche Voraussetzungen Warnkleidung der Klasse 2 und Warnkleidung der Klasse 3 erfüllen muss, richtet sich nach den Vorgaben der Europäischen Norm zu “Hochsichtbare Warnkleidung – Prüfverfahren und Anforderungen” (Kapitel 4.1 Tabelle 1 DIN EN ISO 20471; Kapitel 5.1.2 Tabelle 2 DIN EN ISO 20471; Kapitel 6.1 Tabelle 5 DIN EN ISO 20471).
Kleidung der Klasse 2 muss folgende Voraussetzungen erfüllen (Kapitel 4.1 Tabelle 1 DIN EN ISO 20471):
- Mindestfläche des sichtbaren Hintergrundmaterials 0,50 m2
- Mindestfläche des retroreflektierenden Materials 0,13 m2
Kleidung der Klasse 3 muss folgende Voraussetzungen erfüllen (Kapitel 4.1 Tabelle 1 DIN EN ISO 20471):
- Mindestfläche des sichtbaren Hintergrundmaterials 0,80 m2
- Mindestfläche des retroreflektierenden Materials 0,20 m2
Ermittlung der erforderlichen Kleidungsstücke
Bei der Ermittlung der erforderlichen Kleidungsstücke kommt es darauf an, dass die sichtbare Fläche die Mindestanforderungen erfüllt (Kapitel 4.1 DIN EN ISO 20471).
Demnach können sowohl einzelne Kleidungsstücke als auch eine Bekleidungskombination, wie Jacke und Hose, die Anforderungen erfüllen (Kapitel 4.1 DIN EN ISO 20471).
Kleidung der Klasse 3 muss jedoch den Torso bedecken und als Mindestanforderung entweder Ärmel mit retroreflektierenden Streifen oder lange Hosenbeine mit retroreflektierenden Streifen, wenn nicht beides, besitzen (Kapitel 4.1 DIN EN ISO 20471).
Farbe
Warnkleidung auf Arbeitsstellen darf in fluoreszierendem Orange-Rot oder fluoreszierendem Gelb verwendet werden (VwV-StVO zu § 35 Absatz 6; Teil A Kapitel 9 Absatz 1 RSA 21).
Mindestrückstrahlwerte
Warnkleidung auf Arbeitsstellen muss einen Mindestrückstrahlwert der Klasse 2 aufweisen (VwV-StVO zu § 35 Absatz 6; Teil A Kapitel 9 Absatz 1 RSA 21).
Warnwirkung
Warnkleidung, deren Warnwirkung durch Verschmutzung, Alterung oder Abnahme der Leuchtkraft der verwendeten Materialien nicht mehr ausreicht, darf auf Arbeitsstellen nicht verwendet werden (VwV-StVO zu § 35 Absatz 6; Teil A Kapitel 9 Absatz 1 RSA 21).
Fazit
Warnkleidung ist ein wesentlicher Sicherheitsfaktor für Personen, die auf oder neben Straßen arbeiten. Die Pflicht zum Tragen von Warnkleidung besteht besonders dann, wenn sich Personen außerhalb von Gehwegen und Absperrungen oder neben dem Verkehrsbereich ohne durchgehende Absperrung aufhalten.
Auf Autobahnen gilt diese Pflicht stets, da hier keine geschlossene Absperrung eingesetzt wird. Im Gegensatz dazu kann innerorts bei geschlossenen Absperrungen auf Gehwegen oder bei halbseitigen Sperrungen unter Umständen auf Warnkleidung verzichtet werden.
Um eine effektive Sichtbarkeit zu gewährleisten, müssen Warnkleidungsstücke mindestens der Leistungsklasse 2 entsprechen. Leistungsklasse 3 ist auf Arbeitsstellen bei Dunkelheit erforderlich, wobei die zusätzlich verfügbare Fläche an Reflexstoffen die menschliche Gestalt (Kontur) betonen soll.
Warnkleidung ist in fluoreszierendem Orange-Rot oder Gelb gehalten. Zudem sollte Warnkleidung regelmäßig auf Sauberkeit und Zustand geprüft werden, da Verschmutzungen die Warnwirkung stark beeinträchtigen können.
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